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Die Erschaffung der Welt


Illustrierte Handschriften aus der Braginsky Collection



... der weltweit größten und wertvollsten Privatsammlung hebräischer illustrierter Handschriften und früher Drucke. Sie beinhaltet kulturhistorischen Schätze jüdischer Tradition aus Europa, Asien, Afrika und dem Mittleren Osten. Zu bestaunen ist sie noch bis August im Jüdischen Museum in Berlin.

Mehr als 120 Objekte geben Einblick in den Reichtum und die Vielfalt jüdischer Buchgeschichte und demonstrieren die zentrale Stellung von Text und Schrift im Judentum. Nach Stationen in Amsterdam, New York, Jerusalem und Zürich ist diese Sammlung erstmals nach Deutschland gekommen. Neben neuen Erwerbungen und bedeutenden Leihgaben aus Berlin, Hannover und Amsterdam vereint die Berliner Ausstellung die schönsten Bücher, Hochzeitsverträge und Esther-Rollen auf 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche.

Herlingen Haggada, 1725, Aaron Wolf Herlingen, Wien, © Braginsky Collection, Zürich,
Foto: Ardon Bar-Hama


Die Ausstellung lebt von Kontrasten: Die kräftigen Farben der Ausstellungsarchitektur bringen die illustrierten Handschriften zum Leuchten. Die jahrhundertealten Manuskripte lassen sich auch an Bildschirmen durchblättern. iPads, eine Hörstation und ein Film über die Herstellung von Handschriften bringen die vergangene Schriftwelt faszinierend näher. Überdies wird ein Toraschreiber vor den Augen der Besucher das 1. Buch der Tora auf traditionelle Weise anfertigen.


Detail aus Megilla (Esther-Rolle), um 1900, Indien, © Braginsky Collection, Zürich, Foto: Ardon Bar-Hama


Die Ausstellung lebt von Kontrasten: Die kräftigen Farben der Ausstellungsarchitektur bringen die illustrierten Handschriften zum Leuchten. Die jahrhundertealten Manuskripte lassen sich auch an Bildschirmen durchblättern. iPads, eine Hörstation und ein Film über die Herstellung von Handschriften bringen die vergangene Schriftwelt faszinierend näher. Überdies wird ein Toraschreiber vor den Augen der Besucher das 1. Buch der Tora auf traditionelle Weise anfertigen.

Leihgeber René Braginsky

Seit drei Jahrzehnten komplettiert der Leihgeber und Zürcher Unternehmer René Braginsky seine Sammlung von außerordentlichem ästhetischen und kulturhistorischen Wert:

»In unserer schnelllebigen, oftmals hektischen Zeit, erfüllt mich die Betrachtung dieser Handschriften mit Ruhe und Gelassenheit und vermittelt mir die Zuversicht, dass das wirklich Wesentliche fortbestehen wird«, sagt Braginsky über sein persönliches Engagement als Sammler.

Das Jüdische Museum Berlin zeigt zum letzten Mal die Schätze aus der Braginsky Collection, bevor sie wieder in die Privatbibliothek des Sammlers zurückkehren.

Oben: Portrait von René Braginsky. Sammler und Leihgeber der Braginsky Collection
© Darko Todorovic, Dornbirn, Austria


Highlights der Braginsky Collection

In drei Themenkomplexen werden reich illustrierte Bücher, Hochzeitsverträge (Ketubbot) und Esther-Rollen (Megillot) kunstvoll präsentiert. Jeder Objektgattung ist ein Farbton zugeordnet, der die Besucher visuell durch die Ausstellung führt. Schräg in den Raum gestellte Flächen ziehen sich wie kalligrafische Linien durch die Ausstellungsräume.

Blauer Raum: Bücher

Den Schwerpunkt der Sammlung bilden Handschriften. Eine Auswahl von mehr als 70 Büchern wird in der Ausstellung gezeigt. Zu den kostbarsten Handschriften zählt eine Abschrift des von Moses Maimonides verfassten bedeutenden Gesetzeskodex »Mischne Tora«, der als wichtigste systematische Zusammenfassung des Religionsgesetzes gilt. Die Abschrift entstand im Jahr 1355 in Deutschland. Die älteste Handschrift in der Sammlung, »Das große Buch der Gebote«, wurde 1288 im Wallis geschrieben.

Roter Raum: Ketubbot

Die Ketubba (Pl. Ketubbot), der jüdische Hochzeitsvertrag, hält den rechtlichen Status sowie das Eigentum der Frau schriftlich fest und regelt die Verpflichtungen des Bräutigams. Bei der Hochzeitszeremonie spielt die Ketubba eine wichtige Rolle, sie wird vorgelesen und den Anwesenden gezeigt. Familien investieren oft viel Geld und Mühe in die Herstellung der Ketubbot. In der Hochblüte des 17. und 18. Jahrhunderts wetteiferten die Familien um die kunstvollste Ausgestaltung. Die Obergrenze für die prachtvolle Gestaltung wurde von den Gemeindevorständen sogar festgelegt. An einer Hörstation können Besucher den traditionell gleichlautenden Vertragstext auf Aramäisch anhören und die 30 prachtvollen Ketubbot betrachten und miteinander vergleichen.

Ketubba (Hochzeitsvertrag), 1900, Cochin (Indien), © Braginsky Collection, Zürich, Foto: Ardon Bar-Hama


Gelber Raum: Megillot

Verzierte und illustrierte Esther-Rollen (Pl. Megillot) sind seit dem 16. Jahrhundert in der jüdisch-religiösen Kunst weit verbreitet und noch heute für die Feier des Purimfestes unverzichtbar. Das Fest erinnert an die wundersame Rettung der Juden vor der Vernichtung durch ihren Erzfeind Haman im persischen Großreich vor 2500 Jahren. Unter den 32 ausgestellten Megillot befindet sich auch die älteste bekannte illustrierte Megilla: Sie wurde im Jahr 1564 in Venedig vollendet. Einzigartig ist auch die längste Megilla der Sammlung: Auf bildreichen sieben Metern ist sie ein Beispiel der Verschmelzung von jüdischen kalligrafischen Traditionen und indischen Gestaltungsformen.

Die Erschaffung der Welt: Bedeutung der Schrift im Judentum

Mit dem Verlust des geographischen religiösen Zentrums übernahm der Wort-Gottesdienst den Platz des Opfer-Gottesdienstes, ortsungebundene Synagogen übernahmen die Rolle des zerstörten Tempels in Jerusalem. Überlieferte Texte wurden damit zum wichtigsten und zentralen Moment des Ritus. Bis heute bilden das Studium und die Deutung der biblischen Schriften den Mittelpunkt des geistigen jüdischen Lebens.

Tora-Schreiber in der Ausstellung

Das Schreiben einer Tora ist ein heiliger Akt, der von besonders ausgebildeten Schreibern ausgeführt wird. Die Tradition verpflichtet den Tora-Schreiber zur Perfektion. Mit jeder Tora-Rolle lässt er die Welt aus der Schrift neu entstehen. »Mit seiner Arbeit kreiert der Tora-Schreiber die Welt noch einmal; sie darf nicht weniger perfekt sein als Gottes Schöpfung selbst«, erklärt Cilly Kugelmann, Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin. Beim Abschreiben soll eine exakte Kopie der Vorlage entstehen, das Muster des Urtextes immer vor Augen. Während der gesamten Laufzeit wird sonntags bis donnerstags der Tora-Schreiber und Rabbiner Reuven Yaacobov in der Ausstellung am Pentateuch arbeiten. An den anderen Tagen läuft ein Video seiner Arbeit. Er beginnt mit dem Buch »Bereschit«, das erste Buch des Pentateuch, das mit dem Satz beginnt: »Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde«. Er wird auch Pergamente für die Mesusa und für Tefillin beschreiben und eine Ketubba herstellen.

Kalligrafen in der Ausstellung

In asiatischen Kulturen ist die Kalligrafie, die Kunst des Schönschreibens, die höchste Form der Kunst. In Ergänzung zu jüdischen illustrierten Handschriften demonstrieren auch Kalligrafen ihre arabische, lateinische und chinesische Handwerkskunst in den Ausstellungsräumen.

Im Begleitprogramm lädt das Museum erstmals sonntäglich zum Kunstfrühstück ein.
Am 16. Mai findet ein Symposion zum Bilderverbot im Judentum und Islam im Rahmen des Jüdisch-Islamischen Forums statt.

Laufzeit der Ausstellung: 4. April bis 3. August 2014
Ort: Altbau, 1. OG
Eintritt: mit dem Museumsticket (8 Euro, erm. 3 Euro)


Der Katalog zur Ausstellung »Schöne Seiten. Jüdische Schriftkultur aus der Braginsky Collection« herausgegeben von Emile Schrijver und Falk Wiesemann mit Evelyn M. Cohen, Sharon Liberman Mintz und Menahem Schmelzer ist im Verlag Scheidegger & Spiess AG erschienen (336 Seiten, 226 farbige Abbildungen, 45 Euro).

Website mit Informationen zur Ausstellung, zum Begleitprogramm und in Kürze mit einem filmischen Interview mit dem Tora-Schreiber:

Schöne Seiten - Jüdische Schriftkultur aus der Braginsky Collection


Empfehlenswert ist die kostenlose iPad-App (dt/engl), die unter dem Titel »Braginsky Collection Berlin« eigens für die Ausstellung mit Hintergrundinformationen zur Sammlung erweitert. [siehe auch ...]

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Reihe von Judaica-Ausstellungen im Jüdischen Museum Berlin 2013-2015

Seit mehr als einem Jahrzehnt ist das Jüdische Museum Berlin mit unterschiedlichen Wechselausstellungen an die Öffentlichkeit gegangen. Seit 2013 gibt das Museum einen intensiveren Einblick in die Kernfragen des religiösen Judentums.

»Die Erschaffung der Welt. Illustrierte Handschriften aus der Braginsky Collection« ist Teil einer Ausstellungsreihe, in der sich das Jüdische Museum Berlin eingehender mit jüdischem Denken, jüdischen Ritualen, der Entwicklung von Brauchtum, dem dazugehörigen Kunsthandwerk und anderen religiösen Traditionen auseinandersetzt.

Stand bei der Ausstellung »Alles hat seine Zeit« (2013/2014) der Imperativ des Gedenkens im Vordergrund, widmet sich die aktuelle Schau der Schrifttradition, die zu den herausragenden kunsthandwerklichen Fertigkeiten der jüdischen Kultur gehört.


Textquelle: Katharina Schmidt-Narischkin, Jüdisches Museum, April 2014


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