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Frühling auf dem Samerberg


„Ein Dorf spielt Theater“



Bauernhöfe mit Urlaubern in Oberbayern bieten authentisches Leben in Deutschland


Authentizität bedeutet: keine Kompromisse
mit seinen Werten und Ansichten einzugehen,
nur um es irgendwem recht zu machen oder
anderen zu imponieren.

Kris Stelljes


Landschaft am Samerberg


Im Wettbewerb in Deutschland um die Urlauber aus dem eigenen Land haben sich die Regionen Bayerns nach jüngsten Analysen wiederum ganz nach oben aufs Siegerpodest gestellt. Der Bayern Tourismus Marketing präsentierte auf der diesjährigen Tourismus Messe in Berlin (ITB) recht beeindruckend, dass auf hohem Niveau (Ankünfte 34 Millionen) und Übernachtungen (88 Millionen) sogar noch einmal zugelegt werden konnte.

Hauptgründe für diese Entwicklung sehen die Tourismus-Manager in den gelebten und authentischen Traditionen in Bayern. Die Touristen empfinden ihren Urlaub als Gegenentwurf zu ihrem Alltag und die Stille als neuen Luxus. Wie überall werden die Traditionen Oberbayerns rund um den Samerberg von unzähligen Menschen gelebt und damit erhalten.


Wartelisten für Lederhosen

Da ist die Familie Auer im Dörfchen Törwang, die vor mehr als 60 Jahren eine kleine Schusterei eröffnete. Nun in dritter Generation geführt, hat sich die Dorf-Schuhwerkstatt mit insgesamt sechs Mitarbeitern zu einem anerkannten Handwerksbetrieb gemausert, der die berühmten Plattler-Schuhe sowie die begehrten Trachtenlederhosen fertigt. Für bestimmte Sorten der Lederhosen muss der Kunde ein halbes Jahr auf eine Warteliste.


Vater Johann und Sohn Michael Auer - die Lederhosenmacher
Vater Johann und Sohn Michael Auer - die Lederhosenmacher
Die Lederhose passt
Die Lederhose passt


Der 69jährige Schuhmacher Johann ist sehr glücklich und stolz, dass sein Sohn Michael, studierter Kommunikations-Elektroniker, vor einigen Jahren wieder in den Familienbetrieb eingestiegen ist und das Steuer in die Hand genommen hat. Handgefertigte Schuhe und vor allem Lederhosen erleben seit Jahren eine Hochkonjunktur. „Viel Werbung müssen wir nicht machen, wir leben von der Mund-zu-Mund-Propaganda“, verrät Junior-Chef Michael. www.schuh-auer.de


Das „Käsn“ selbst beigebracht

Der Lochnerhof von Konrad und Christa Moser liegt am Fuße der Hochries, umgeben von Wiesen und Wäldern mit herrlichem Berg- und Talblick. Das Bauernehepaar hat sich einen Bio-Betrieb mit Kühen eingerichtet und vor einigen Jahren entschieden: Wir wollen eine eigene Käserei aufbauen.


Konrad Moser hat "Kaesn" trainiert
Konrad Moser hat "Kaesn" trainiert
Gästeraum im Lochnerhof
Gästeraum im Lochnerhof


Konrad hat sich autodidaktisch das „Käsn“ beigebracht und dazu zwei Jahre gelernt und trainiert. Jetzt kann er aus 400 Litern Milch ihrer Kühe 40 Kilogramm Käse herstellen. In seiner privaten Käserei bietet er acht Sorten an. Die Urlauber in seinen zwei Ferienwohnungen und einige umliegende Gasthöfe sind die Abnehmer. www.lochnerhof.de


Steckenpferd: Theaterstücke schreiben

Für Identität und Tradition ganz anderer Art sorgt im Dorf Grainbach der 55jährige

Peter Wiesholzer (i. B. links).

Er schreibt Theater-Stücke, ist Regisseur der Aufführung und übernimmt eine der Hauptrollen.

„Schon immer war es mein Steckenpferd, kleine Theaterstücke zu verfassen“, erzählt Wiesholzer. „Und beim Schreiben habe ich dann bereits die Mitspieler vor Augen, die die Rolle im Stück übernehmen.“ Die Akteure kommen alle aus dem Dorf.


Ureigenes Leben auf die Bühne bringen

Die Titel kündigen meist schon an, dass die Theaterstücke sehr reale Themen der dörflichen Gemeinden behandeln. In dem Stück „Die Energieblende“ wird satirisch der flächendeckende Einsatz von Photovoltaik beleuchtet, mit der sich der Bürgermeister ein Denkmal setzen will. Und in dem Stück „Der Aufschwung“ behandelt Wiesholzer das durchaus brisante Thema eines Hotelneubaus. Darin wird die Suche nach Investoren und der Streit um den lukrativen Standort (welcher Bauer verkauft nicht gern seinen Acker als teures Bauland) zum großen Gaudi des Publikums, zumal auch noch ein Öl-Scheich erscheint. „Die Premieren finden in der Regel am zweiten Weihnachtsfeiertag statt, dann haben alle Zeit“, resümiert Wiesholzer.


Die Grainbacher verteidigen ihre Identität

Seine Sympathie mit der Tradition des offiziellen Bauerntheaters ist nur gering. Wiesholzer mag keine Volksstücke, wo „jedermann nach dem ersten Akt weiß, wie der dritte Akt endet“, dafür ist der Stücke-Autor nicht zu haben. Gespielt werde meist sieben Mal bis in die ersten Januartage und die Karten sind immer schnell ausverkauft. Auch mit diesen Aufführungen wird vom Bauerntheater das authentische Leben verteidigt, wenn die Bewohner ihre ureigenen Probleme auf die Bühne des Dorf-Theaters bringen. Organisiert wird alles vom Trachtenverein der Region GTEV Hochries Samerberg und der Veranstaltungssaal befindet sich im Gasthaus Moserhof mitten im Dorf.


Den Samerberg mit seiner Eigenart bewahren

In den Stücken übernahm die Rolle des Bürgermeisters meist der Stückeschreiber Wiesholzer selbst. Der ordentlich gewählte Bürgermeister der Gemeinde Samerberg mit Dutzenden von Ortsteilen heißt Georg Huber und hat sein Büro im Örtchen Törwang. Der Bürgermeister, selbst in der Region aufgewachsen, sieht seinen Auftrag darin, „den Samerberg in seiner Eigenart mit einer unverfälschten charakteristischen Landschaft zu bewahren.“ Dafür wurde Georg Huber von den insgesamt 2800 Einwohnern nun schon zum dritten Mal gewählt. Allerdings wolle niemand die Orte rund um den Samerberg zu einem Museum machen, sondern auch offen sein für alles, was für Einwohner wie Urlauber zu Verbesserungen führt, ergänzt der Bürgermeister.


Das Dörfchen Törwang
Das Dörfchen Törwang
Bürgermeister Georg Huber
Bürgermeister Georg Huber


Der Tourismus spielt für die Übergroße Mehrheit der Bevölkerung und auch für die Höfe mit Landwirtschaft eine enorme Rolle. Da ist natürlich Bürgermeister Huber in die Pflicht genommen. Das beginnt mit einer freundlichen Gästeinformation und geht weiter über eine Infrastruktur mit ordentlichen Straßen, Wanderwegen und Beschilderungen bis hin zu den 200 Ruhebänken und Rastplätzen. Ganz stolz ist der Bürgermeister auf das schön gelegene Naturschwimmbad zwischen Törwang und Grainbach sowie einen vor vier Jahren eröffneten langgestreckten Biker-Park.


Die Aussichtskapelle
- Symbol für Tourismus

Die Aussichtskapelle zwischen Törwang und Obereck ist für Georg Huber ein Symbol für einen Tourismus rund um den Samerberg, der in das Lebensgefühl der Einwohner eingebettet ist. Von einer Höhe von nur 760 Metern genießt der Besucher eine herrliche Aussicht in die Samerberger Hochebene und hinaus ins freie Land. In der Kapelle wird gebetet, geheiratet, auf der Höhe fotografieren Urlauber um die Wette, treffen sich Liebespaare und auch mal Motorrad-Fans.


Blick von der Aussichts-Kapelle


Schließlich vergisst der Bürgermeister als unermüdlicher Urlauber-Werber für den Samerberg nicht, darauf hinzuweisen: Der Samerberg ist zwar in erster Linie der richtige Platz für alle Ruhe und Erholung Suchende, allerdings sind die Samerberger auch fünf Autominuten von der Salzburger, zehn Autominuten von der Inntalautobahn und sogar nur ein Dutzend Kilometer vom Chiemsee entfernt.


Barocke Pracht auf der Herreninsel

Er trägt den Spitznamen „Bayrisches Meer“, der Chiemsee, mit seiner Fläche von 80 Quadratkilometern der größte See Bayerns. Faszinierend für die Besucher sind vor allem die nahen Berge und die malerischen Inseln. Seit mehr als 170 Jahren sind ganzjährig die Chiemsee-Dampfer unterwegs, um die Gäste auf die Herreninsel zu bringen, die besonders mit ihrer barocken Pracht die Besucher anlockt.


Schloss Herrenchiemsee
Schloss Herrenchiemsee
Blick auf die Fraueninsel
Blick auf die Fraueninsel


Hier steht das berühmte Schloss Herrenchiemsee, dass der bayrische Märchenkönig Ludwig der II erbauen ließ, um sein Vorbild, den französischen Sonnenkönig Ludwig XIV. mit dem Schloss Versailles, noch zu übertreffen. Der Schlossbau blieb zwar unvollendet, bietet dennoch ausreichend atemberaubenden Prunk.

Mit 16 Millionen Goldmark (früher waren wohl die Millionen noch etwas mehr wert) wurde auf der Herreninsel, so werden die Fremdenführer nicht müde zu erklären, wesentlich mehr Geld ausgegeben, als für die bekannteren Schlösser Ludwigs II. in Neuschwanstein und Linderhof zusammen genommen. Wie schön ist es dann, in die Landschaft rund um den Samerberg mit seinen Traditionen, den Landgaststätten und Wanderhöfen zurück zu kehren.


Text und Fotos: Ronald Keusch, Mai 2016


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